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Auf der kulinarischen Landkarte Europas nimmt das Piemont eine Sonderstellung ein. Die an den Grenzen zur Schweiz, Frankreich, Ligurien und der Emilia-Romagna gelegene Region ist nämlich so etwas wie das biblische Kanaan Italiens. Das Land, in dem Barolo, Barbaresco, Conterno, Gorgonzola und Fontina-Käse fließen. In der weißen Trüffel über Teller leuchtend gelber Pasta gehobelt werden. In dem mit der Nocciola Piemonte I.G.P. die Königin der Haselnüsse angebaut wird. Und in dem eine sehr, sehr besondere Kuh auf den Weiden steht. Die Razza piemontese di Fassona. Der Ferrari unter den Rinderrassen. Wenn auch einer, der äußerlich eher an einen Schwerlasttransporter erinnert.
Das Fassona, auch Piemonteser Rind, ist eine jahrtausendealte Kreuzung aus indischem Zebu und europäischem Auerochs. Die isolierte Lage der alpinen Regionen des Piemont sorgte dafür, dass die mittlerweile Slow-Food geschützte Rasse hier in ihrer ursprünglichen Form erhalten blieb. Zumindest fast ursprünglich. Denn 1884 fielen Rinderbauern im piemontesischen Guarene d’Alba ungewöhnlich muskelbepackte Kälber auf. Verantwortlich für die Bodybuilder-Statur war eine natürliche Genmutation, die dazu führt, dass die Muskeln der Tiere schnell wachsen und viel Protein, gleichzeitig aber wenig Fett einlagern und wenig Bindegewebe bilden. Das Fassona-Rind ist also der Gegenentwurf zum Wagyu-Rind. Dennoch reißt sich die Spitzen- und Sternegastronomie seit Jahren um das magere Fleisch der weißen Riesen aus dem Piemont – denn es ist unvergleichlich zart, buttrig-blumig im Geschmack, und spielt seine Trümpfe vor allem roh als Carne cruda, der Piemonteser Variante des Beef Tatars, und als Carpaccio aus.
Letztgenanntes lassen die Italo-Spezialitäten-Profis von Italia&Amore bei Starfleischhauer Franco Cazzamali herstellen. In der Metzgerei der Cazzamalis südlich von Bergamo werden ausschließlich Fassona-Rinder verarbeitet, das Carpaccio wird vor Ort fachgemäß geplättet und praktischerweise auch gleich so portioniert, dass sich erste Zubereitungsschritt in der Küche auf gerade mal zwei Handgriffe beschränkt: Auspacken und auf einen Teller legen, nämlich.
Genau das macht auch Transgourmet Traun Cook Studio-Leiter Maximilian Stöcher mit den hauchdünnen, frischen Fassona-Scheiben. Und könnte an dieser Stelle natürlich auch einen puristischen Ansatz weiterverfolgen. Das Piemonteser Rindvieh kommt nämlich theoretisch auch nur mit Fleur de Sel und einem Hauch Olivenöl groß raus. Praktisch steht ihm der Sinn aber nach einer elaborierteren Kreation, in der das zeitlos exzellente Fassona-Carpaccio auf eine zeitlich begrenzt erhältliche Delikatesse namens Steinpilz in Cremeform trifft. Und zum Drüberstreuen? Wird aus Oliven und Pumpernickel Erde, und aus Balsamico Kaviar.
